Rukror krümmte sich. Der alte, graue Wolf lag auf der Seite, umgeben von Blut. Aus einer Wunde an seiner Schulter tropfte unablässig Blut auf den Boden. Ich wusste, dass ich ihn nicht würde retten können. Mein ganzes Wissen von Kräutern würde hier nichts mehr nützen. Fengar war zu alt. Er hatte zu viel Blut verloren. Ich legte eine Pfote auf seine Wunde und Schmerz krallte sich in mein schlagendes Herz. Rukror war ein weiser, kluger Anführer, der nicht hätte sterben sollen. Nicht in einem unnötigen, überflüssigen Kampf.

Ich hob den Blick und ließ ihn über unser ehemaliges Lager schweifen. Meine Beine begannen zu zittern, ich senkte meinen Kopf, warf ihn zurück und heulte meine Trauer heraus. Blut regnete auf meine Ohren, mein Gesicht. Überall Tote, überall Kämpfende. Die Geräusche der Auseinandersetzung, das Schlagen, die Bisse, das Klagen der Sterbenden, kamen nur dumpf an mein Ohr.  Mein Blick war verschleiert. Ich wollte nicht wieder Leichen vergraben. Jeden Tag Blut. Jeden Tag tot.

„Sol… Solmar…“ Rukrors Worte waren rau und kaum verständlich. Ich blickte meinem Alpha-Wolf in die Augen, in der ich die gleiche Trauer und den gleichen ohnmächtigen Wut sah. Ich schob meine Schnauze dicht an sein Gesicht. „Rukror… Es tut mir so leid… um deine Gefährtin, ich, ich konnte nichts tun…“ Der alte Wolf schloss kurz seine Augen, erschöpft, traurig, sprach langsam und rau: „Rette meinen Sohn… Rette ihn… Er wird mächtiger… Letzte… Prophezeiung…“ Er hustete und bespritzte den Boden mit Blut. Mühsam versuchte er Luft zu holen, meine Brust zog sich schmerzhaft zusammen bei dem Rasseln, welches ertönte. „Welche Prophezeiung?“, flüsterte ich ratlos. „Rukror…“ Der alte Wolf bewegte sich nicht mehr, hatte aufgehört zu atmen.

Ich legte meine Ohren an. Ich öffnete mein Maul und heulte die traurige Botschaft über die Kämpfenden hinaus: „Rukror! Rukror ist tot!“

Die gegnerischen Wölfe begannen besiegend zu bellen und traten den Rückzug an. Durch die Menge der fliehenden, ratlosen und toten Wölfe erblickte ich die Augen Rukrors Sohn. Der kleine, weiße Timberwolf sah mich mit vor entsetzen aufgerissenem Maul an. „Ich werde dich retten und hier fortbringen“, flüsterte ich, „damit du die Rudel retten kannst. Was auch die Prophezeiung meinte, ich werde es herausfinden. Versprochen.“

Es sind jetzt drei Jahre vergangen, seitdem die Kräutersagerin Solmar gestorben ist. Der jetzt junge Wächter Seth, der Sohn Rukrors, weiß nicht das geringste über die Prophezeiung. Aber es scheint, er wäre nicht der Einzige, der Betroffen ist, sondern auch eine junge Wölfin namens Kuroyasha. Gemeinsam müssen sie herausfinden, wie sie den Flammenden Krieg verhindern können, der seit Jahren zwischen den eng angesiedelten Rudeln tobt. Werden sie es schaffen? Wirst du ihnen helfen oder gegen sie arbeiten?