Völlig außer Atem, doch mit der Freiheit unter den Pfoten, preschte Grauschimmer voran. Es störte sie nicht, dass ihr grauer Pelz nass durch das Wetter wurde - ändern konnte sie es sowieso nicht! Viel lieber genoss sie den Wind in ihrem Rücken, und die Wassertropfen, wann immer sie von einer Pfütze zur nächsten sprang. Mit festem Ziel vor Augen lief sie durch Geäst und Unterholz, immer mit einem Ohr nach hinten gerichtet um nach Anzeichen des Katers, den sie so sehr liebte, Ausschau zu halten.
Schlussendlich wusste sie, dass sie ihrem Ziel nahe waren und drosselte das Tempo bis sie schließlich zum stehen kam. Keuchend wartete sie auf den alten Kater, blitzte ihn belustigt und voller Energie entgegen. “Alt.”, hauchte sie, als würde dieses eine Wort alles Aussagen was sie musste.

Nicht ganz so fies wie sie aussah, gab sie Beiden einen Moment um zu Atem zu kommen.
Erst als sich die Herzschläge beider Katzen wieder beruhigt hatte, begann Grauschimmer aufgeregt um den Kater herum zu tänzeln. Auch wenn sie nun seine Gefährtin war, so konnte man alte Muster schwer ablegen. Wer sonst würde das Flohhirn den lieben langen Tag nerven außer sie? “Bist du bereit? Oder rieche ich da etwas Angst?” Spöttisch doch mit Liebe beugte sie sich vor und schnüffelte demonstrativ. Sie grinste von einem Ohr zum anderen, nickte schließlich ins Geäst hinein. “Du weißt was wir dort vorne finden, nicht wahr? Den Donnerweg.” Wie auf Kommando, als würde das Schicksal es unterstreichen wollen, konnte man in der Ferne ein Monster vorbei grollen hören. Vergnügt zuckte Grauschimmer mit dem Schweif. “Komm schon, ich will dir was zeigen.” Sie deutete dem Kater erneut ihr zu folgen und schlich nun - wesentlich behutsamer - näher an den Donnerweg heran.

Als sie hinter einem Brombeerbusch hervor kroch, lag der gefärhliche Abschnitt wenige Schwanzlängen vor ihr nach einem Stück Gras. “Siehst du das?”, meinte sie und deutete auf einige Stellen am Rande des Donnerweges. “Dort sind ganz viele Püftzen vom ganzen Regen. Ich hab letztens etwas rausgefunden.” Bei den Worten zuckten ihre Schnurrhaare amüsiert. “Soll ich es dir zeigen?” Grauschimmer war so in ihrem eigenen Kopf, dass sie nicht einmal mitbekam ob es überhaupt ok für den Kater wäre. Ob er Angst hatte?

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Sein Eifer stachelte sie nur noch mehr an. Mit jedem Wort der Frustration konnte Grauschimmer fühlen, wie die Genugtuung durch ihre Pfoten schwappte und ihren Pelz zum kribbeln brachte. Wie das kalte Regenwasser, welches sich um ihre nassen Beine sammelte, sog sie seine Worte auf und blinzelte ihn, voller Unschuld, an. Jedes mal wenn der graue Kater sich von dieser Seite zeigte, kurz davor die Geduld zu verlieren, erinnerte sich Grauschimmer daran, wieso das Training mit ihm damals so viel Spaß gemacht hatte. Was will ein naiver Schüler denn mehr, als einen Mentor den man so einfach aus dem Pelz bringen kann? Doch Waschbärfuß war nicht mehr ihr Mentor - und Grauschimmer würde sich, aus Liebe zu ihm, zusammen reißen. Immerhin wollte sie nicht, dass der Kater es bereute sie zur Gefährtin genommen zu haben.

“Natürlich nicht!”, lachte sie. Die Vorstellung allein blieb ihr jedoch im Kopf hängen und, belustigt, fragte sie sich ob so etwas denn überhaupt möglich wäre. Hatte man schon jemals von einer Katze gehört, die ein Monster gebändigt hätte? Grauschimmer bezweifelte es. Selbst mit ihrer naiven und abenteuerlustigen Art wusste sie, wie dringlich es war sich nicht mit diesen Geschöpfen anzulegen. Waschbärfuß hatte gute Arbeit geleistet, es ihr damals einzutrichtern und selbst in der Kinderstube schon sprach ihre Mutter davon, immer Acht zu geben an der Nähe des Donnerweges. Auch wenn sie damals noch nicht gewusst hatte, was denn ein solcher Donnerweg überhaupt ist, so wusste sie die Dringlichkeit in der Stimme ihrer Mutter zu deuten.

So oder so kroch sie, gemeinsam an der Seite des Katers, näher. Mit bedachten Schritten bahnten sich Beide ihren Weg nach vorne. Grauschimmer beobachtete die Wasserlaken mit neugierigen Augen. Wenn sie sich drüber beugen würde, könnte sie ihr verschwommenes Spiegelbild erkennen - doch ehe sie dazu ansetzten konnte, hörte man aus der Ferne bereits eines der Monster näher kommen. So wie es näher kam schreckte Waschbärfuß zurück und Grauschimmer, mit wild klopfenden Herzen, bohrte ihre Krallen fest in die nasse Erde unter sich. Voller Adrenalin kniff sie ihre Augen zusammen und wartete das Grollen der Bestie ab; Ehe sie in einem Schwall aus stinkendem Wasser gebadet wurde. “Ahahaha!!”, jaulte sie triumphierend und machte einen Hüpfer nach hinten. Ihr ganzer Pelz war voller klebrigen Donnerweg Wasser, doch das Strahlen in ihrem Gesicht überschattete alles. “Siehst du?! Es ist eine Mutprobe, Waschbärfuß! Probier es, probier es! Das macht mehr Spaß als du denkst, vertrau mir!! Der Moment wenn das Monster vorüber ist und das Wasser dich berührt - ich sags dir, als würdest du neu geboren werden!” Zugegeben war es ein deftiger Adrenalinkick den man daraus schließen konnte. Grauschimmer wollte auf jedenfall ihre Freude mit dem Kater teilen und voller Unschuldiger Naivität sah sie zu ihm hoch.

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Es war beinahe zu einfach, wie er mit sich rang.

Die Art und Weise, wie sein blauer Blick immer wieder zum Donnerweg glitt. Grauschimmer erkannte seinen inneren Konflikt noch bevor er es wohl selbst tat. Sie wusste, sie hatte ihn überzeugt. Sein Stolz würde es ihm nicht erlauben, würde nicht zulassen die Herausforderung in ihren Worten abzulehnen. Sicher, er würde sie im Stillen verfluchen, vielleicht sogar lautstark ausschimpfen - doch am Ende würden sie gemeinsam zum Lager zurück kehren. Seite an Seite, mit Pelz so nass, dass er das voll gesogene Unterholz in den Schatten stellte. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass all das hier nur eine mäusehirnige Idee war.
Doch Grauschimmer konnte es an dem Aufblitzen in seinem Blick erkenn. Die Art und Weise, wie er sich dem Donnerweg zuwandte: Das Abenteuer, das Ungezähmte in dieser gemeinsamen Aktion, ließ auch ihn nicht so einfach los.

Mit angehaltenem Atem und nahezu unbeweglich kauerte sich Grauschimmer unter einem Gestrüpp aus dichtem Laub. Ihre Augen waren fest auf den Kater gerichtet, der einige Schwanzlängen vor ihr am Rand des Donnerweges stand. Wie gebannt verfolgte sie jede seiner Bewegungen, sein vorsichtiges Tasten mit den Pfoten, das Heben seines Kopfes, als er die Luft prüfte. Ein tiefer Zug der Stille hing zwischen ihnen – so drückend, dass Grauschimmer fürchtete, Waschbärfuß könnte das laute Pochen ihres Herzens hören, das heftig gegen ihre Brust schlug. Plötzlich zerriss ein aufheulendes Geräusch die Stille. Ein Monster näherte sich mit brüllender Geschwindigkeit. Grauschimmer zuckte zusammen, ihr Fell sträubte sich instinktiv, während ihre Augen noch immer auf Waschbärfuß fixiert blieben. Sie sah, wie seine Ohren sich spitzten, eine flüchtige Sekunde der Unentschlossenheit, bevor der drohende Lärm des herannahenden Monsters auch ihn erreichte. Das rasende Fahrzeug wirbelte eine Gischt aus Pfützenwasser auf, während es in beängstigender Nähe vorbei rauschte, den Donnerweg in Vibrationen versetzend.
So schnell wie es passierte, war es auch schon wieder vorbei.

Völlig nass und verklebt bahnte sich Waschbärfuß seinen Weg an ihre Seite und voller Erwartung starrte sie den Kater an. Er öffnete das Maul, schien wohl sogleich ihre Idee schlechtreden zu wollen als - er lachte. Er lachte!! Verdammt nochmal, er lachte!
Wie auf Anhieb stimmte sie mit ein, spürte, wie sie sich vor Heiterkeit krümmte. Verdammt! Sie hatte dieses Flohhirn unterschätzt! Da hatte er doch wirklich einmal Spaß im Leben! In all dem Fiasko bemerkte sie gar nicht, wie er sie wie ein Stück Beute packte und in die Pfütze warf. Wie von der Tarantel gestochen sprang sie einmal auf der Stelle, fühlte das ekelige Dreckwasser an ihren Pfoten. Dennoch lachte sie lauthals auf als sie zurück zu ihm ins Gras sprang, wie ein kleines Junge um ihn herum tollte. “Du Mäusezahn!! Jetzt bin ich ja komplett nass!”, lachte sie in dem Wissen, dass sie ja sowieso nass gewesen wäre. Schwerlos sprang sie den Kater an, hob spielerisch eine Pranke über sein Ohr und ließ sich auf den Bauch flopen. Grinsend sah sie zum Himmel hoch, die Wolken hinter den vereinzelten Ästen wie sie ihre Tränen über der Erde vergossen. “Weißt du, Waschbärfuß.”, hob sie an, versuchte durch ihren Schwall an Energie wieder zu Atem zu kommen. “Ich hab dir das nie erzählt. Aber einmal, als ich ein Schüler war, hab ich mich mit meiner Schwester aus dem Lager geschlichen. Wir sind hier her, an den Donnerweg, als es sehr stark geregnet hatte. Gerade als wir - dumm wie wir waren - uns den Weg ansehen wollten, kam ein Monster und hat uns genau wie jetzt mit Wasser überschüttet. Ich weiß meine Schwester jagt nun mit dem SternenClan, doch… Irgendwie weiß ich, dass sie hier ist.” Es war ihre Art Froschpfote zu zeigen, dass sie an sie dachte.

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”Wie hältst du es denn den ganzen Tag aus mit dem? Der hat doch sicher ne Zecke auf jedem Ohr!” Mit gerümpfter Nase stapfte Froschpfote in den Schülerbau. Genau wie ihre Schwester war auch Graupfote von oben bis unten mit Donnerweg Wasser eingesaut. Der ganze Bau musste danach stinken, doch gab es gerade wichtigere Sorgen der Schülerin. Ein energisches Seufzen drang an ihr Ohr, als sich ihre Schwester in ihrem Nest neben ihr zusammen rollte. “Die verstehen doch absolut keinen Spaß! Also wenn du die beste Kriegerin im Ernst  und Tod Langweilig werden willst, hast du definitiv den besseren Mentor erwischt. Mein Mentor war gerade dabei, mich von der Pfote zu lassen als Waschbärfuß einschreiten musste! Was geht es ihn denn an wie mich mein Mentor bestraft?” Belustigt schnurrte Graupfote, als sie sich dicht an ihre Schwester kuschelte. Mit einem Kopfschütteln zog sie den Schweif fest um die Pfoten.

“Ist ja nicht so als hätten wir es nicht verdient. Wir hätten nicht ohne Erlaubnis aus dem Lager dürfen… aber ehrlich? 1 Mond lang Nestmaterial der Ältesten? Das ist doch übertrieben!”
“Sag ich doch. Zeckenohr! Alle Beide!” Demonstrativ zuckte Froschpfote mit den Ohren als sie sich dich an ihre Schwester kuschelte. Graupfote schnurrte als sie ihre Nase in ihr Fell drückte.
“Dabei kann er ganz lieb sein, wenn er will. Naja… immerhin stecken wir gemeinsam da drin. Das macht es halb so schlimm.”

Grauschimmer zuckte zusammen als ein weiteres Monster an den Beiden vorbei raste und sie mit Wasser bespritzte. Die Erinnerung an ihre Schwester fühlte sich so lebhaft, so echt an, dass es ihr im Herzen schmerzte sie nicht hier zu wissen. Ob sich der Kater neben ihr noch an diesen Tag erinnerte? Ob er Froschpfotes giftigen Blick bemerkt hatte, der nur ihm gegolten hatte? Sie schüttelte den Kopf, spürte, wie die Wassertropfen um sie herum flogen. Was Froschpfote wohl nun von ihr denken würde? Gefährten, mit dem Kater, den sie zu ihrer Lebzeit so schlecht geredet hatte? Grauschimmer war sich sicher, dass ihre Schwester sich für sie freuen würde.

Da gab es kein ehrliches, böses Blut. Nur die Sehnsucht sich noch einmal in das Fell von Froschpfote zu drücken.

Es war eben jener Kater, der sie wieder zurück in die Wirklichkeit holte. Mit einem Nicken folgte sie ihm wieder ins Unterholz, so weit, dass der Donnerweg hinter den dichten Ästen des Waldes verschwand. Zwar konnte man den Lärm der Monster auch von hier aus hören, doch waren sie etwas geschützter vom Regen. Es dauerte keinen Herzschlag lang, da hatte sich der graue Krieger bereits hingesetzt um an seinem Pelz zu rupfen. Grinsend schüttelte Grauschimmer den Kopf als sie näher trat und einmal - probehalber - drüber leckte. “Igitt.”, meinte sie sofort und streckte die Zunge aus. “Das schmeckt schlimmer als Krähenfraß.”

Wahrscheinlich waren es nicht unebdingt die Worte, die Waschbärfuß hören wollte. Doch jetzt, wo sie vor den Tatsachen ihrer Handlung stand, war sie sich nicht mehr so sicher ob es eine gute Idee war. Es war eine Sache sich selbst, als Schüler, zu putzen - doch als ausgewachsene Kriegerin und den gigantischen Waschbärfuß obendrein? Es hörte sich weitaus schlimmer an als einen Mond ältesten Nester zu reinigen. Kurz dachte sie nach, als sie zufrieden den Schweif hob und in den Wald hinein nickte. “Lass uns einfach schauen ob wir eine frische Pfütze finden. Nass sind wir ja sowieso, da können wir uns auch gleich im Wasser waschen. Macht das trocknen danach auf jedenfall… appetitlicher.” Sie grinste frech, schnippte mit dem Schweif unter seinem Gesicht entlang.

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Zufrieden schnurrte Grauschimmer, als sie sich, gemeinsam mit dem Kater, vom Donnerweg abwandte. So lustig sie ihren kleinen Ausflug auch fand, als sie schlussendlich wieder unter dem Dickicht des Waldes verschwunden waren, wusste sie, dass ihr Herz hier her gehörte. Die Blattfrische war noch nicht vollends eingezogen, aber bereits jetzt konnte man das dichter werdende Geäst deutlich erkennen. Der Regen fand zwar hier und da seine Lücken, doch konnte man an der richtigen Stelle oder dem richtigen Fleck sogar halbwegs trocken bleiben.

“Wie der WindClan das wohl anstellt.”, raunte sie abwesend. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie eine Katze freiwillig auf offenem Moor schlafen, geschweige denn Leben wollen würde. “Mittlerweile müssten selbst ihnen Schwimmhäute gewachsen sein.”
Tiefer im Wald erkannte Grauschimmer, dass Waschbärfuß scheinbar eine ordentliche Pfütze ausgemacht hatte. Zufrieden stellte sie sich neben den Kater, der bereits eine Pfote zaghaft ins kühle Nass tippte. Als sie seinen Gesichtsausdruck sah, lachte sie laut los.

“Natürlich doch, du Kavalier.”, miaute sie belustigt und trat ohne wenn und aber vor. Ohne Scheu spazierte sie in die Pfütze und stellte - mit aufgestelltem Pelz fest - dass das Wasser doch etwas kälter war als zuerst angenommen. Dennoch! Sie würde vor Waschbärfuß sicher nicht schlapp machen!
Mit tausend Dingen die sie hätte lieber tun wollen ließ sie sich in der Pfütze nieder und drehte sich ein paar mal. Mäusedreck! Sie musste aussehen wie ein kläffender Hund! Trotzdem fühlte sie sich gleich frischer, als sie sich danach das Wasser aus dem Pelz schüttelte und wieder aus der Pfütze krabbelte.
Mutig hob sie die Pfote und leckte zweimal prüfend drüber. Zufrieden nickte sie dem Kater zu. “Schon viel besser! Schmeckt einfach nur nach Wald!” Sogleich begann sie sich zu putzen und beobachtete den Kater belustigt aus dem Augenwinkel. Als er keine sonderlichen Anstalten machte, grinste sie frech zu ihm rüber. “Na komm schon. Oder willst du hier den ganzen Tag stehen? Pass auf, sonst schlägst du noch Wurzeln!”
Es dauerte eine Weile, doch schlussendlich waren beide Katzen wieder sauber. Wie sie das am Ende des Tages geschafft haben, da war sich die Kätzin selber nicht so sicher. Doch als sie schließlich zurück ins Lager spazierten - Seite an Seite - fühlte sich Grauschimmer frisch und halbwegs trocken. Und auf jedenfall geliebt.

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