--> SchattenClan Lager

Ein ganzes Stück vom Lager entfernt, schlüpfte unter einen der kahlen Büsche und ließ mich in der Kuhle unter den Ästen zu Boden sinken. Der Geruch der vermodderten Blätter würde meinen eigenen überlagern und so stand die Chance, dass eine Katze, die mich nicht so gut kannte mich fand nicht gut. Gut, dachte ich zufrieden und leckte mir einmal über mein schmerzendes Hinterbein. Je weniger Katzen etwas mitbekommen um so besser. Mein schwarzes Fell sträubte sich leicht, als ein Geräusch an meine Ohren drang und ich stieß ein warnendes Zischen aus. Ich entspannte mich aber schnell wieder, als mir klar wurde, dass sich niemand in der Nähe befand und ich unentdeckt geblieben war.
Kurz senkte ich meinen Blick auf meinen Bauch. Keine Katze würde erfahren, was in dieser Nacht geschah und das war auch das Beste so. Niemand würde mich für schwach halten und ich würde den Clan weiter anführen könnten, wie ich es bisher getan hatte. Kurz flogen meine Gedanken zu Smaragdfrost und Distelherz. Beide hatten erst vor kurzem Junge bekommen und genügend Milch, um auch meine mitversorgen zu können. Ich würde es nicht tun, denn meine Aufgaben lagen in einem anderen Bereich. Ich hatte diesen Clan gegründet und irgendwie war ich auch mit Schuld daran, dass es überhaupt mehr als einen Clan gab. Und jetzt würde ich den SchattenClan auch weiter anführen, ohne auch nur den Hauch einer Schwäche zu zeigen.

Mein ganzer Körper spannte sich erneut an, als ich Schritte hörte und ich legte meine Ohren zurück. Je weniger Katzen mich hier sahen umso besser. Niemand aus meinem Clan oder sonst jemand sollte davon erfahren. Als ich schon glaubte, dass die Katze in der Nähe sich entfernte, schob sich plötzlich eine Gestalt zu mir unter den Busch und meine Schweifspitze begann leicht hin und her zu zucken. Meine kühlen grünen Augen verengten sich zu Schlitzen und ich starrte Scherbenherz einen Augenblick lang an. Ob er gegen meine Vorgehensweise ist?, fragte ich mich in diesem Moment, aber ich schüttelte den Gedanken ab. Ist doch egal, er wird sich mir nicht wiedersetzen, ansonsten habe ich wohl die falsche Katze zum Zweiten Anführer gewählt. Trotzdem ist es nicht der Idealfall, dass er hier auftaucht.
Wonach sieht es denn aus?, fragte ich ihn mit zusammengebissenen Zähnen und einem leichten Fauchen. Ich bringe diese Kätzchen auf in die Welt.
Dann kamen sie auch schon.

[Zeitsprung]

Am Ende lagen vier kleine Fellbündel an meinem Bauch und ich musterte sie kurz und vielleicht hätte ich auf eine außenstehende Katze misstrauisch gewirkt, so wie ich eines nach dem anderen betrachtete und kurz anstupste. Es waren zwei kleine Kater und zwei Kätzinnen. Einer der Kater war groß mit einem dunklen schwarzbraunen Fell, soweit ich es im Licht der aufgehenden Sonne erkennen konnte und der andere schwarzgrau mit dunklen schwarzen Flecken. Eine der beiden Kätzinnen war schwarzgrau und sie kam mir kräftig vor, während die andere eher klein wirkte. Das Fell der kleineren war vollkommen schwarz. Sie alle wrkten klein und hilflos mit ihrem nassen Fell und ihren geschlossenen Augen.
Eines meiner Ohren zuckte, als ich überlegte, welcher Königin ich diese Fellbündel anvertrauen würde. Es musste eine Kätzin sein, bei der ich mich darauf verlassen konnte, dass sie nicht ausplaudern würde, dass sie die wahren Eltern kannte. Und es musste eine Kätzin sein dere Loyalität mir absolut sicher ist. Erneut stupste ich das schwarzbraune Bündel an und schob es dann zu Scherbenherz hinüber. Wenn du schon hier bist, solltest du dich wenigstens nützlich machen, schaffte ich dem Zweiten Anführer und Vater der Jungen etwas kühl an. Leck sie trocken. Auch den zweiten kleinen Kater schob ich zu ihm hinüber, während ich selbst die beiden Kätzinnen trocken zu lecken begann. Besser Scherbenherz ist hier, als irgendeine andere Katze, versuchte ich mich mit dem Gedanken anzufreunden. Er wird es niemandem erzählen, auch wenn es ihm vielleicht nicht gefällt und außerdem kann er mir helfen, diese vier Jungen ins Lager zu bringen.

   

Wenigstens das sah er ein, doch als Fehler hätte ich sie nie bezeichnet, wenn ich sie auch nicht großziehen konnte. Vielleicht war ich auch einfach zu stolz, um einen Fehler zugeben zu können. Mein Fell sträubte sich leicht und dann schob ich die Jungen eins nach dem anderen an meinen Bauch. Sie werden jetzt einmal meine Milch trinken, bevor die Kätzin die sie aufziehen und für sie Mutter sein wird, sich um sie kümmert, dachte ich und selbst jetzt wo ich auf meine Jungen hinabblickte, war mein Blick kühl und gefasst. Ich werde schließlich nicht ihre Mutter sein und ihnen auch nie so nahe stehen, wie eine andere Kätzin es tun wird. Und tatsächlich empfand ich für diese Fellbündel kaum anders, als für jedes andere Junge, das eine andere Kätzin auf die Welt brachte. Die Gefühle die eine Kätzin angeblich nach der Geburt ihrer Jungen hatte, schienen mir mit einem Mal noch weiter entfernt, als sie es je gewesen waren. Vielleicht besaß ich sie wirklich nicht, oder aber ich hatte sie bereits unbewusst aus meinem Kopf verbannt, um meine Stärke nicht zu gefährden. Ich würde sie jetzt einmal säugen und dann würde eine andere Katze Mutter für sie sein. Nicht ich, ich stand ihnen nicht näher, als jede andere Katze, in der ich das Potenzial sah einmal ein starker SchattenClan Krieger zu werden.
Meine grünen Augen verengten sich zu Schlitzen, als Scherbenherz mich fragte, wie ich meine Jungen nennen würde und meine Schweifspitze zuckte leicht. Den Namen bekommen Junge von ihrer Mutter, dachte ich. Und das werde ich für sie nicht sein. Ich hob den Kopf von den Jungen, die ich bis jetzt mit kühlen Blick gemustert hatte und wandte mich an den Kater, der diesen Moment mit mir teilte. Doch beantwortete ich zuerst seine zweite Frage. Sie sind zukünftige SchattenClan Krieger, antwortete ich ruhig. Ich werde sie einer anderen Königin geben, damit sie sie aufzieht. Ich schwieg kurz und legte meinen Schweif um die Kleinen, um sie für den Moment vor der kühlen Luft zu schützen. Ich dachte an Smaragdfrost oder Distelherz., fügte ich dann hinzu. Wir werden die Jungen wohl kaum zu zweit ins Lager tragen können. Darum werden wir sie holen, den Geruch der Jungen überdecken und sie zu dritt ins Lager bringen. Wir werden dem Clan erzählen, dass wir die Jungen gefunden haben. Eine Streunerkätzin muss sie ausgesetzt haben, weil sie ihre Jungen nicht selbst großziehen konnte. Und ich werde mir Kräuter besorgen, um den Milchfluss zu stoppen. Meine Stimme war sachlich und kühl, als ich Scherbenherz mein Vorhaben darlegte. Ein Beobachter hätte mein Verhalten vielleicht als unpassend angesehen, doch ich hatte meine Entscheidung getroffen und auch mein Stellvertreter musste einsehen, dass es keinen anderen Weg gab als diesen, sofern die Jungen am Leben bleiben sollten und sie zu töten, wäre eine Verschwendung an Potenzial für den SchattenClan gewesen.

Ich werde keine Mutter für sie sein und du wirst kein Vater für sie sein, miaute ich dann nach einer längeren Pause. Eine andere Königin wird sie großziehen und sie soll ihnen auch ihre Namen geben. Immerhin wird sie mehr Mutter für diese Jungen sein, als ich es jemals sein werde. Eines meiner Ohren zuckte leicht, eines der Jungen sich etwas bewegte und maunzte. Aber wenn ich ihnen Namen geben müsste würde ich den kleinen dunkelbranuen Kater Rindenjunges nennen, fügte ich dann fast zögernd hinzu. Und die kleine schwarze Kätzin Dunstjunges. Einen Augenblick lang tat es mir leid, dass sie wohl nicht wirklich diese Namen tragen würden, aber dann schob ich den Gedanken zur Seite. Ich hatte meine Entscheidung getroffen und ich hatte stark zu sein und einen Clan anzuführen. Den gefleckten Kater würde ich Molchjunges nennen, beendete ich dann. Und die große schwarzgraue Kätzin Düsterjunges. Ich denke diese Namen würden zu ihnen passen, aber da ich nicht Mutter für diese Jungen sein werde, werden sie wohl andere Namen bekommen.

Ich hörte Scherbenherz zu während ich zum ersten und letzten Mal meine Jungen säugte, wobei das großes schwarzgraue einmal aufmaunzte, aber als er wieder davon sprach, dass wir einen Fehler gemacht hatten, verengten sich meine kühlen grünen Augen erneut zu Schlitzen. Immernoch hielt ich es für falsch, diese Fellbündel als Fehler zu bezeichnen, auch wenn es nicht meine Zuneigung zu ihnen, sondern vielmehr mein Stolz war, der mich davon abhielt das zu tun. Doch ich war Anführerin und hatte meine Pfoten auf einen anderen Weg gesetzt, als auf den der mich in die Kinderstube führte.
Mit einem kühlen Ausdruck in den Augen blickte ich Scherbenherz hinterher und meine Schweifspitze zuckte leicht. Je schneller er mit Smaragdfrost wieder hier ist, umso schneller kann ich wieder meinen eigenen Aufgaben nachgehen!, schoss es mir durch den Kopf.
Langsam senkte ich den Kopf und begann sanft Laub über das Fell meiner Jungen zu reiben, um ihren Geruch zu verdecken. Jedoch war mir im Gegensatz zu Scherbenherz klar, dass ich vor Smaragdfrost nicht verbergen würde können, dass diese Jungen meine waren. Immerhin lag ich hier in einer Kuhle unter einem Strauch und die Jungen lagen direkt vor mir. Ich konnte ihren Geruch zwar überdecken, damit sie nicht so stark nach mir rochen und mich selbst noch in Laub wälzen, solange Scherbenherz weg war, aber den Geruch von Milch der jetzt in der Luft lag, konnte ich nicht mehr verbergen. Außerdem waren diese Jungen mir von der Fellfarbe her großteils sehr ähnlich und Smaragdfrost brauchte nur eins und eins zusammenzählen, um zu verstehen, was hier geschehen war. Einen Augenblick lang fragte ich mich, ob die Königin wirklich die richtige Wahl war und ob sie mein Geheimnis wirklich bewahren würde, aber dann schob ich mein Misstrauen beiseite und dachte daran, dass sie mir bis jetzt auch immer loyal gewesen war. Sie wird auch diesmal nicht ungehorsam sein, dachte ich und meine Schweifspitze zuckte leicht hin und her. Und sie wird mein Geheimnis niemandem verraten, nicht einmal meinen eigenen Jungen.