Geesian

Als Wendy die Axt an sich reißte, sprang ich auf. Sie rannte in eine Richtung und ich sprintete hinter ihr her. Wenn sie wahnsinnig ist, ist sie ganz schön schnell. Ich beschleunigte mein Tempo, bis ich sie fast einholte. Ich konnte sie wieder sehen, wie sie sich auf einen jungen Mann stürzte. Sie blieb vor ihm stehen und rief, er solle sterben. Wendy, nicht!, schrie ich voller Entsetzen. Ich entnahm meinen Beinen ihre letzte Stärke und legte noch mal einen Sprint hin. Ich schmiss mich gegen Wendy, als sie gerade die Axt runtersausen lies.
Wir stürzten zu Boden und ich riss ihr die Axt aus der Hand und befestigte sie an meinem Gürtel. Dann packte ich Wendy an den Schultern und drückte sie zu Boden. Sag mal, spinnst du jetzt vollkommen?! Du kannst doch nicht einfach andere Menschen umbringen! Was ist, wenn er uns helfen kann?!
Meine Augen glommen vor Wut, aber auch vor Sorge, da Wendy etwas hätte passieren können. Ich lies sie los und zog sie auf die Beine. Dann drehte ich mich zu dem Mann um und legte meine Hand auf den Stiel der primitiv zusammengeschusterten Axt. Meine Beine zitterten vor Erschöpfung und mangelndem Schlaf, aber ich blieb tapfer stehen.

Wilson

Erstaunt drehte ich mich um als ich eine Stimme hörte. Verwirrt bemerkte ich nicht wie gefährlich die Situation war. Man sah halt nicht alle Tage ein kleines Mädchen das einen mit einer Axt, zusammengebaut aus einem Stein, einem Stock und ein paar Seilen, umbringen wollte. Erst als eine weitere Gestalt sich gegen die Kleine warf realisierte ich was los war. Mit einer hochgezogenen Augenbraue ging ich einige Schritte rückwärts.
Gab es hier Kannibalen? Ich hatte immer angenommen sowas gab es nur auf sonnigen karibischen Inseln. Ich wären ich überlegte ob ich die Flucht ergreifen sollte, beobachtete ich wie die andere Gestalt dem kleinen Mädchen die Axt wegnahm. Diese andere Gestalt war ebenfalls ein Mädchen, nur älter. Vermutlich ein Teenager. Ich musterte sie während sie mit dem Mädchen sprach. Die beiden sprachen also meine Sprache, das war doch schon mal gut. Vielleicht konnten wir so aushandeln das sie mich nicht aßen. Das ältere Mädchen stand mit zitternden Beinen auf und sah mich an. Erwartete sie das ich etwas sagen würde? Ich blinzelte und brachte dann etwas perplex, aber mit sarkastischem ton: "Seid ihr Amazonen oder sowas?" hervor.

Wendy

Ich blieb erschöpft am Boden liegen. Erst als der Mann uns etwas sagte wurde ich wieder wütend. "Amazone?" ich stand auf, man konnte förmlich sehen wie mein Blick alles entflammen könnte. "Sehe ich aus wie eine Amazone, Vogelnestkopf? Bring du erst einmal dein unligisches Haar in Form, bevor du mich als Kanibalistische Barbarin bezeichnest!"

Wilson

Das kleinere Mädchen reagierte als erstes auf meine Bemerkung. Sie war scheinbar nicht sonderlich erfreut. Ich jedoch auch nicht, als sie meine Haare erwähnte. Finster musterte ich sie. Ich mochte meine Haare so wie sie waren, selbst wenn andere das seltsam fanden.
"Also keine Kannibalen, sondern unfreundliche Wilde." stellte ich mit einem leicht amüsierten Grinsen fest "Du bist ganzschön frech, Kleine! So solltest du wirklich nicht mit erwachsenen Sprechen." Eigentlich störte es mich nicht, aber wenn sie mir schon so kam konnte ich ja auch einfach so antworten.

Wendy

Ich fing an zu knurren. "Willst du dich über mich lustig machen, Möchtegern-Erwachsener-mit-dämlicher-Frisur-und-einem-ausgeprägten-Sinn-für-Gerechtigkeit-und-einer-viel-zu-großen-Klappe." Das war die längste Beleidigung, die ich je tat, aber ich holte nicht einmal Luft. "Und du bist genau so unhöflich wie ich. Du bezeichnest mich einfach als Wilde, zu groß geratenes Vogelnest. Die Geier, die ein Nest auf deinem Kopf gelegt haben suchen dich bestimmt schon." Eigentlich gab es gar keinen Grund so gemein zu sein. War wohl einfach der Wahnsinn. Aber schließlich holte ich tief Luft und sagte, zwar eher still, aber ernst gemeint: "Entschuldigung."

Geesian

Ich folgte dem Wortwechsel zwischen den beiden mit geschlossenem Mund. Ich langte nach Wendy. Sag mal, jetzt reicht es aber! Wendy entschuldigte sich bei dem Fremden und ich drehte mich wieder zu ihm um. Wer bist du, wie heißt du, was machst du hier?, fragte ich herausfordernd, aber nicht unfreundlich.

Wilson

Selbst wenn die Worte des kleinen Mädchens nicht nett waren, musste ich lachen. Es war irgendwie niedlich wie sie versuchte mich zu beleidigen, ohne dies wirklich zu tun. Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern ob ich in dem alter, ich schätze sie so auf 10-12 Jahre, so wenige Schimpfwörter kannte. Ich war sicher das ich in dem alter nicht mehr so unschuldig war. "Schon okay." sagte ich auf ihre Entschuldigung hin und legte den Kopf schräg. Grade als ich mich vorstellen wollte, fragte die Ältere genau nach diesen Sachen. Kurz fuhr ich mir durch die wild abstehenden Haare. Dann sagte ich: "Ich bin Wilson und hab keine Ahnung was ich hier mache oder wie ich hier hergekommen bin." Ich schüttelte den Kopf in der Hoffnung dann würde mir noch etwas einfallen. Doch vergebens. "Wisst ihr wo ich hier bin?" fragte ich zögerlich.

Wendy

"Wir wissen genau so wenig wie du." Sagte ich nur und sah mich hektisch um. Schatten. Überall. Lass die Sonne gleich aufgehen. Bitte. Ich hüpfte ein bisschen ungeduldig von einem Bein auf das andere. "Wann geht denn bitte die Sonne auf?" frage ich etwas eingeschüchtert und ängstlich.

Wilson

Etwas enttäuscht blickte ich zu Boden. "Und wie lange seit ihr schon hier? Was habt ihr gemacht die ganze Zeit... also ihr seid doch schon länger hier oder?" Mussten sie ja sein. Sonst hätten sie ja wohl kaum eine Axt gebastelt. Die Kleine hüpfte von einem Bein auf das andere. "Alles okay... äh... wie heißt ihr zwei eigentlich?" fragte ich und fügte mit einem Blick auf den Himmel hinzu: "So lange kann das nicht mehr dauern." Auch wenn ich nicht genau wusste ob das Stimmte, entweder ging die Sonne grade auf oder sie ging unter. Wie sehr wünschte ich mir jetzt eine Uhr. Dumm das ich nie Uhren trug, meistens vergaß ich sie immer auf meinem Nachttisch.

Geesian

Ah, ok, Wilson. Ich sah zu Wendy, die wild umherhüpfte. Dann gaben meine Beine doch vor Erschöpfung nach und ich setzte mich im Schneidersitz auf den Boden. Wir sind ein paar Tage hier. Wir haben etwas Essen gesammelt. Allerdings... wir haben erst gerade eben alles aufgegessen. An Wendy gewandt fügte ich hinzu: Die Sonne müsste bald aufgehen. Der himmel färbt sich bereits dunkellila am Horizont. Dann stellte ich Wendy und mich kurz vor. Die kleine, durchgeknallte Kratzbürste da ist Wendy und ich bin Geesian. Ich schaute zu Wilson auf.

Wendy

"Ich bin keine Kratzbürste! Ich bin eine von Schatten verfolgte Verrückte! Und ja: Ich höre selber wie dämlich das klingt." Langsam hatte ich genug von den beiden. Sie nervten mich. "Ich gehe etwas spazieren." sagte ich dann und verschwand in den nahe gelegenen Wald. Ich wollte einfach mal etwas allein sein und nachdenken.

Wilson

Mit einem mulmigen Gefühl lauschte ich den Worten der Älteren, Geesian wie sich wenig später raus stellte. Schmunzelnd über Geesians Bemerkung zu Wendy sagte ich:"Okay freut mich euch zwei kennenzulernen!" Als sie zu mir aufblickte setzte ich mich ebenfalls auf den Boden. Auch im Schneidersitz natürlich. Wendy schien nicht sonderlich erfreut darüber einen weiteren Menschen in diesem Verlassenen Wald gefunden zu haben. Sie faselte irgendwas davon das sie Verrückt war. Das überraschte mich. Meinte sie das wirklich ernst? Die meisten psychisch Gestörten erkannte ihre Krankheit nicht. Außerdem war sie viel zu jung um etwas so prägendes erlebt zu haben, oder? Verwirrt sah ich ihr hinter her. "Sie ist etwas spezieller oder?" fragte ich mein Gegenüber. Das es gefährlich für Wendy sein könnte einfach alleine in den Wald zu laufen viel mir nicht eine Sekunde ein. Doch so war ich halt...

Geesian

Nö, eigentlich nicht. Nur manchmal dreht sie am Rad und sieht dann rote augen und träumt von schrecklichen Sachen, die sie umbringen. Aber zum Glück nur in ihren Träumen. Ich schaute Wendy hinterher und schüttelte leicht den Kopf. Ich gehe sie in ein paar Minuten holen. Wir sollten wieder zum Lager zurück. Das Feuer ist noch an. Ich schaute mich suchend um, aber der ganze Wald sah gleich aus. Weißt du, von wo wir kamen?

Wendy

Ich war schon ein gutes Stück gelaufen, da ich, als ich außer Sichtweite war, angefangen habe zu rennen. Dann kam ich schwer atmend zum Stehen. Hier müsste ich eine Weile sicher sein. Dachte ich zumindest. Bis aus dem Schatten des Baumes eine Hand kam und mich packte und hochhob. Ich wollte schreien, war vor Angst aber wie gelähmt. Ich dachte, dass das nur Halluzinationen sind?! Die Hand drückte immer fester zu und schnürte mir den Atem ab. Sie war wie in meinem Traum. Große, schwarze Hände, fast schon Klauen, mit Fingern wie Schlangen und schwarz wie die Nacht. Sie schüttelte mich ein bisschen, wodurch die Blume, die ich auf meinem Kopf trug herunterfiel. Ich zappelte hilflos in dem Griff der Hand. Abigail.... Sie war weg. Ihre Blume war weg. Ich zappelte energischer. Ich wollte sie wiederhaben. Warum hat mir Geesian auch die Axt abgenommen! Aber ich wollte es schaffen. Ich mobilisierte all meine Kräfte und konnte mich so wehren, dass die Hand mich losließ. Ich fiel zu Boden, nahm die Blume und rannte weg. Aus welcher Richtung kam ich noch gleich? Ich rannte einfach in irgendeine Richtung. Als ich bei einem Skelett ankam war mir klar, dass ich in die völlig falsche Richtung gerannt war. Wie deprimierend. Und ich konnte hören, wie die Hand näher kam. Aber zu meinem Glück hatte mir das Skelett ein paar nütliche Dinge dagelassen. Darunter auch ein Speer. Ich warf die Blume neben mich damit sie nicht zu schaden kam und stürzte mich auf die kommende Hand. Ich spießte und schlitze sie auf, bis sie mit einem lauten Kreischen, dass in den Ohren wehtat verschwand. Ich bekam ein seltsames Gefühl und ein stechender Schmerz breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Die Schmerzen wurden so groß, dass ich begann Blut zu spucken. Auch aus meinen Augen tropfte Blut wie Tränen. Ich hustete eine Menge Blut aus, aber es ging mir noch gut. Und als der Schmerz nachlasste hörte ich ein Geräusch hinter mir. Ich drehte mich um. Die Blume war verschwunden. Stattdessen war dort ein Geist, mit den gleichen Augen wie ich sie habe und der Blume auf dem Kopf. Ich kam aus dem Staunen kaum noch heraus. Das einzige Wort, dass ich herausbrachte war. "A-Abigail?" "Buhhh!" bekam ich als Antwort. Ich war überglücklich. Ich umarmte sie und sie kuschelte sich an mich.

Wilson

Etwas verunsichert murmelte ich: "Okay..." Scheinbar waren beide etwas durch den Wind. Lag das an dieser Verlassenen Gegend? Würde ich selber den Verstand verlieren? Eilig schüttelte ich den Kopf um solche Gedanken zu vertreiben. "Ihr hab ein Lager?" fragte ich dann und sah mich ebenfalls um. Auf ihre Frage hin musste ich tatsächlich kurz überlegen. "Ich glaube von da." sagte ich und deutete auf die Bäume vor mir. Ja da mussten die beiden hergekommen sein, immerhin hatte mich Wendy von hinten angegriffen und dann hatte ich mich umgedreht. Also müsste das die Richtung sein.