Wie immer streiften die gleich-aussehenden grauen Frühjahrstage an Bärentatze vorbei. Die Monotonie störte ihn kaum, denn es war ihm möglich selbst an solchen Tagen die kleinen Unterscheidungen wahrzunehmen. Beispielsweise, wenn die Waldtaube auf dem Frischbeutehaufen ein wenig plumper war als noch vor einigen Sonnenaufgängen, oder wenn der Regen weniger penetrant war. Auch die großen Unterschiede fielen ihm auf, wie der Erdrutsch im DonnerClan Lager, welchen er wahrgenommen hatte als er und Buntvogel kurz danach mit frischem Moos eingetroffen waren, und mit welchem noch immer alle zu kämpfen schienen. Dies was eine große Veränderung, wie auch das Übertreten des Flusses, oder das Fehlen in seinem Alltag von bekannten Gesichtern und Gerüchen wie Farnsees, die er in den letzten drei Tagen jeweils nur in ihrem Nest erblickt hatte, und welcher er Platz lassen wollte; Zeit für sich, auch wenn er sich ein wenig sorgte warum dies der Fall war. Allerdings war diese Phase der letzten Tage auch nicht das erste Mal gewesen, weshalb er auch wusste ihr die Ruhe zu lassen, ihr nur ein wenig Moos dazulassen, wenn er an ihrer schlafenden Figur vorbeilief, oder ein kleines Vögelchen zur Stärkung.
Buntvogel und Bärentatze hatten frisches Moos geholt, sowohl zum Austrocknen und Aufbewahren als auch für Katzen zum Trinken. Als sie das Lager betreten hatten, war ihnen aufgefallen, wie es aussah. Das Geräusch war nicht an ihnen vorbei gegangen, als es stattgefunden hatte, doch da es hin und wieder lauteres Grummeln am Himmel oder aus Richtung des Zweibeiner Orts gab, hatte zumindest Bärentatze selbst nicht an das Schlimmste gedacht.
Doch was er sah, als er einkam, war nicht normal, oder alltäglich. Zunächst überlegte er, ob er wen ansprechen sollte. Jemanden wie Muschelherz oder Morgenfrost, vielleicht Honigstern selbst—wo er Hilfe anbieten konnte, um beispielsweise die größeren Brocken aus dem Weg zu räumen. Doch dafür war sicherlich auch später noch Zeit, denn aus dem Augenwinkel nahm er den bunten Pelz seiner alten Freundin wahr, welche doch tatsächlich vor dem Bau stand und mit verwirrtem Blick das Lager betrachtete. Er winkte Buntvogel mit dem Schweif zu, falls dieser überhaupt noch bei ihm war, und startete los.
„Farnsee!“ rief er sofort. Er machte einen Abstecher zum Frischbeutehaufen, um ihr etwas auszusuchen und mitzubringen, und fand tatsächlich ein Eichhörnchen, von welchen er über die Jahre beobachtet hatte, das diese der Katze besonders schmeckten.
Als er vor ihr zum Stehen kam, musterte er sie besorgt, hielt sich jedoch zurück. „Es hat einen kleinen Erdrutsch gegeben, aber ich glaube der Clan hatte insgesamt Glück.“
Von Honigsterns Lebensverlust, oder der Rettungsaktion von Frostglut, hatte er tatsächlich nichts mitbekommen, da diese einige Momente vor seiner Rückkehr stattgefunden hatten. Er setzte sich neben sie, sodass er sah was sie sah, und entdeckte Mondpfotes Gestalt. War auch der Schüler seiner Freundin unverletzt? Würde Farnsee zu ihm wollen?

Langsam nickend lauschte Honigstern den Worten ihres Freundes und Stellvertreters, seine dunkle Statur gewohnt und angenehm an ihrer Seite. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie sich auch Muschelherz, dessen Unterstützung und Erfahrung sie gleichermaßen schätzte, auf die beiden zubewegte. Gerade noch hatte sie an ihn gedacht, und schon stand der treue, ältere Kater bei ihr.
„Ich wäre dir dankbar,“ sagte sie zu Morgenfrost, und erwiderte auch die Berührung, mit welcher Muschelherz sie grüßte. Auch seinen Worten nickte sie zu. „Ich bin froh, dass nichts Schlimmeres geschehen ist.“
Die beobachtete, wie Frostglut sich auf die Heilerin zubewegte. Verletzt, aber aus ehrenhaften Gründen. In der Lage alleine zu gehen. Ein schmales Lächeln legte sich auf Honigsterns Gesicht.
„Morgenfrost hatte gerade vorgeschlagen, einige Katzen darum zu bitten die Schäden im Lager zu erfassen und auszubessern. Der Zeitpunkt ist etwas ungelegen, weil wir noch heute zur Großen Versammlung aufbrechen werden… daher ist es gut, dass du gekommen bist, Muschelherz.“ Sie blickte von einem Kater zu dem Anderen. Sicherlicht konnten die beiden unter sich ausdiskutieren, wie genau sie vorgehen würden? Doch die Anführerin dachte an etwas weiteres. „Ich werde den Clan zusammenrufen, und habe mir bereits Gedanken dazu gemacht wen wir auf die Versammlung mitnehmen. Morgenfrost, du wirst mich selbstverständlich begleiten, nachdem du deine Katzen eingeteilt hast. Der DonnerClan kann Engelsflügel die Anreise nicht zumuten, also ist es wichtig, dass zumindest mein Zweiter Anführer mit mir kommt. Vielleicht könnte in unserer Abwesenheit Muschelherz die Bewachung und Aufräumarbeiten leiten?“
Sie scannte mit einem Blick das Lager während die beiden Zeit hatten ihre Worte zu verarbeiten, und ihr zu widersprechen oder zuzustimmen.
„Du würdest mir einen gefallen tun, Morgenfrost, wenn du zusätzlich zur Patrouillen Einteilung auch gleich deiner Schülerin Mottenpfote, Haselfrost und Schneeflocke bescheid geben könntest, dass sie mit auf die Reise kommen dürfen.“
In der Zwischenzeit würde sie sich einer Sache widmen, die nun schon seit Tagen anstand. Denn mit Frostgluts heroischem Einschreiten bei dieser kleinen Katastrophe, hatte sich Honigstern endlich überlegt welche zwei Mentoren sie Rostblütes Jungen gerne zuteilen würde. Nach der Ernennung würde sie die restlichen Katzen—viele würde sie nicht mitnehmen, damit alle Anderen das Lager wieder auf Vordermann bringen konnten—informieren, dass sie mit zur Großen Versammlung eingeladen waren.
„Ich habe es zu Morgenfrost schon gesagt, aber es wäre mir lieb wenn niemand—auch du—der Höhle zu nah kommen würde, bis der Regen wirklich weg ist. Falls er nachlassen sollte, kannst du aber gerne…“ sie nickte Muschelherz zu, denn sie wusste, dass er verstehen würde, worauf sie hinaus wollte. Der Kater war stämmig, und es würde ihm sicherlich eine Freude machen so eine Aufgabe übernehmen zu dürfen.
Dankend nickte sie beiden Katern zu, und enfernte sich von der Runde, um auf den Felsen zu springen der nicht weit von ihnen war. Wer zu ihr aufsah, würde schräg hinter ihr auch die Öffnung im Fels sehen.

„DonnerClan!“
Sie atmete tief durch und ließ ihre Stimme von der Luft durch das Lager tragen: "Ich fordere alle Katzen, die alt genug sind, um selbst Beute zu machen, dazu auf, sich hier zu einem Clan-Treffen zu versammeln.“
Sie ließ den Katzen des Clans einige Herzschläge Zeit um sich aufzuraffen und zu sammeln, dann erhob sie erneut ihre Stimme.
„Wie ihr sicher alle mitbekommen hat, hat sich unser Lager optisch verändert. Dass Felsen aus der Schlucht brechen, konnte keiner von uns nach all den sicheren Monden erwarten, und dennoch ist es passiert. Ich bitte also zunächst bei euch allen um Vorsicht, bis sich das Wetter stabilisiert hat. Allerdings gibt es heute auch zwei positive Dinge die anstehen!“
Sie winkte in Rostblütes Richtung. Diese würde sicherlich schnell ihren Jungen noch einmal die Zunge über den Kopf ziehen, ehe sie fortfuhr.
„Heute Abend findet die Große Versammlung am Baumgeviert statt. Da im Lager einiges zu tun sein wird, nehmen Morgenfrost und ich nicht so viele von euch mit. Diejenigen, die uns begleiten, werden von uns beiden nach dieser Clanversammlung angesprochen werden. Bitte sorgt dafür, dass wir aufbrechen können sobald die Sonne zu sinken beginnt!“
Das war genug Zeit gewesen, hoffte sie. Stumm richtete sie den Blick an den Himmel, um neben ihren lebendigen Clangefährten auch die Ahnen zu adressieren.
„Doch nun, würde ich eure Aufmerksamkeit gerne auf zwei junge Katzen im DonnerClan lenken, die inzwischen ihren sechsten Mond erreicht haben. Brandjunges und Sonnenjunges, tretet doch einmal vor.“ Warm lächelte sie auf die beiden Jungen herab, welche sie nun zu Schülern ernennen würde. Die schönste Ernennung; wenn es nach ihr ging. „Ihr seid nun sechs Monde alt und es ist an der Zeit, mit euren Ausbildungen zu beginnen. Von diesem Tag an, bis diese Schüler sich ihre Kriegernamen verdient haben, werden sie Brandpfote und Sonnenpfote heißen. Ich bitte den SternenClan, über diese Schüler zu wachen, bis sie in ihren Pfoten die Kraft und den Mut der Krieger finden."
„Distelflaum,“ rief sie die Tante der beiden Jungen auf, welche bei Rostblüte saß und somit bereit war aufzuspringen, falls sie das wollen sollte. „Du hast mit beiden Schülern bereits eine Bindung aufgebaut, und in den letzten Monden deine Kriegerfähigkeiten bewiesen. Du bist also bereit für deinen ersten Schüler. Du wirst die Mentorin von Sonnenpfote werden, und ihm sicherlich alles an Wissen weitergeben.“
Dann wandte sie den Blick auf Brandpfote, und sprach weiter.
„Der Mentor von Brandpfote wird Frostglut sein. Mehrfach hat Frostglut in den letzten Monden bewiesen, dass er geeignet ist um einen Schüler auszubilden, doch gerade bei dem Geschehen im Lager als die Felsen fielen hat er sich mutig geopfert um andere zu Schützen. Ich bin sicher, dass er Brandpfote auf Abfärben wird, und diese auf den richtigen Weg leitet.“
Sie ließ den Clan rufen und feiern, und kündigte die Versammlung dann mit einer gehobenen Pfote als beendet an, ehe sie vom Felsen absprang.
Aschenkralle, Himmelslied. Zwei ehemalige SchattenClan Katzen mit auf die Große Versammlung zu nehmen war sicherlich fair. Finkenflug würde sie ebenfalls die Freude machen. Dann überlegte sie einen Moment lang. Wenn sie es richtig beobachtet hatte, dann war Hörnchensprung trächtig. War es eine gute Entscheidung ihren Gefährten mitzunehmen, auch wenn dieser dann die Geburt verpassen könnte? Vielleicht konnte sie den Kater einfach fragen. Grasfleck. Das waren vier Namen, die sie abarbeiten konnte; die sie ansprechen konnte, bevor sie aufbrachen. Doch dafür waren noch einige Stunden Zeit.