Flüsterpfote! Durch den Schneesturm außen und den kleinen Sturm in meinem Inneren gedämpft drang die bekannte Stimme an mich heran. Doch hörte ich sie kaum und auch die Kälte von außen schien kaum an mich heranzudringen. Limettenhauch, begriff ich, als ich erneut die Stimme der Kätzin hörte, die nun so nah an mich herangetreten war, dass ich ihre Präsenz und die Wärme, die ihr Körper ausstrahlte bereits fühlen konnte. Ja, da war sie wieder. Wärme... Vertrauen... Der Wunsch mein Gesicht in ihrem Fell zu vergraben und mich und das verletzte Kätzchen in mir an diesem warmen Kern zu wärmen. So etwas gibt es nicht, flüsterte eine Stimme in meinem Kopf und ich spürte, wie mein Herz sich in meiner Brust vor Schmerz zusammenzog, als meine Gedanken wieder zu Leopardenjunges schweiften, der mittlerweile zu dem SchattenClan Krieger Leopardenfuß geworden war. So etwas wie Vertrauen gibt es nicht. Das sind alles nur Lügen, die Katzen sich gegenseitig erzählen und am Ende kümmern sie sich doch nur um sich selbst und das was sie brauchen können. Katzen werden einander immer verraten und verletzen. Es gibt keinen Grund wieso Limettenhauch da anders sein sollte. Vertrauen... so etwas gab es nicht. Das waren alles nur Lügen, die sich Katzen gegenseitig erzählten... und dann verrieten und verletzten sie einander. Ohne Ausnahme.
Und ich habe auch keine Familie wie Leopardenfuß, ging es mir durch den Kopf. Vielleicht ist Familie die einzige Ausnahme von dieser Regel... Oder aber auch das Wort "Familie" war nur eine Lüge. Aber eigentlich war das nicht einmal so wichtig, ob es jetzt die einzige Ausnahme vom Verletzten und Verraten werden war, oder auch nur eine von Katzen benutzte Lüge, denn ich hatte keine. Ich war alleine und so würde es vermutlich auch immer bleiben, denn sogar für meinen ehemaligen besten Freund war ich nur eine nutzlose FlussClan Katze. Ich war ein niemand für ihn und er vermisste mich auch nicht.
Ich war allein.

Sie sollte lieber aufhören an mir herumzuschnüffeln und ehrlich sein, ging es mir durch den Kopf, als meine Mentorin mich mit der Nase berührte. Aber es wird nicht ganz so weh tun, wenn sie ihr wahres Ich zeigt, jetzt wo ich es weiß... Eines meiner Ohren zuckte leicht, als ich die Augen zusammenkniff und vor mir noch einmal das Bild von Leopardenfuß auftauchte. Es hätte viel mehr weh getan, wenn du mich nicht daran erinnert hättest, dachte ich traurig und erneut war es mir, als würde sich mein Herz in der Brust zusammenziehen. Aber Katzen sind alle gleich. Und du hast mich daran erinnert. Es wird mich jetzt weniger überraschen und nicht mehr ganz so weh tun. Danke.

Was willst du?
Die Frage drang harsch und überraschend laut durch den Schneesturm, als ich den Kopf hob und Limettenhauch einen kurzen Blick zuwarf. Sie sollte mich nicht noch einmal berühren, bedeutete es am Ende ja doch nichts, weil sie mich nur fallen lassen und veraten würde, wenn die Zeit dafür reif geworden war. Katzen waren so. Niemand war anders.
Ich kann auf mich selbst aufpassen, weißt du?, fuhr ich fort, als ich mich aufrappelte und mir den Schnee aus meinem dunklen Fell schüttelte. Zum ersten Mal seitdem ich das Lager verlassen hatte, fiel mir auf wie kalt mir geworden war und ich warf meiner Mentorin einen vorwurfsvollen Blick zu. Doch konnte ich den besorgten und ängstlichen Blick in ihren Augen nicht übersehen. Machte sie sich Sorgen um mich? Unsinn, widersprach eine Stimme in meinem Inneren. Wenn sie sich Sorgen macht, dann doch nur, weil es eine schreckliche Erfahrung für sie wäre erneut mit dem Tod konfrontiert zu werden. Sie hat ihre Jungen verloren, bevor sie meine Mentorin geworden ist. Um mich geht es hier nicht. Sie möchte nicht noch einmal mit dem Tod konfrontiert werden. Darum geht es hier. Es geht nur um sie und ihre eigene Angst. Ich bin allein.