Wie von der Tarantel gestochen schreckte Platschohr hoch, als er von einer fremden Pfote angestupst wurde. Er wurde gefunden? Hatte man sich um ihn Sorgen gemacht? Wer war die Katze mit dieser reinweißen Pfote überhaupt? Er ließ seine Augen geschlossen als er  sich aufrappelte, damit er dem einzigen Gesicht in die Augen schauen konnte, was er kannte. Nein. Natürlich hatte sich niemand um ihn Sorgen gemacht, nicht einmal sein Gegenüber Pfadfinder machte wirklich dne Eindruck, als wollte sie ihn anflehen zum Clan zurück zu kehren. Was wollte sie denn? Jeden Gedanken den er über das Thema verschwendete, schob er sogleich wieder aus seinem Kopf, denn alles lief darauf hinaus, dass Pfad mit ihm befreundet sein sollte. Das konnte er ja wohl auf jeden Fall ausschließen. Und, uhm... W-Wieso bist du hier? Fragte Platschohr seine Kameradin schüchtern und stotternd.

Pfadfinder schien momentan wirklich wenig von ihm zu halten. Am liebsten hätte Platschohr einfach wieder die Augen zu geschlagen und wäre wieder eingeschlafen. Jedoch sprach sie weiter. Pfadfinder wollte nach der Versammlung frische Luft schnappen? Das klang in seinen Augen nicht sehr glaubwürdig. Aber was hieß in seinen Augen? War die Meinung überhaupt was Wert? Es interessierte ja sowieso niemanden, was er dachte, weder war seine Meinung irgendwie wichtig. Auf ihr Augenrollen konnte er nur zusammenzucken. Hab ich wieder etwas falsch gemacht? Soll ich sie einfach alleine lassen, oder will sie sich mit mir unterhalten? Der Gedankengang wurde von einer Berührung an seinem Rückenfell unterbrochen, auf welche er als Reaktion nur beschämt den Kopf zur Seite drehen konnte. Was nun? Irgendwas musste er ja tun, oder? Verzweifelt ließ Platschohr seinen Kopf auf die Pfoten sinken, um gleichzeitig zu bemerken, dass er sich anscheinend auf den Bauch gelegt hatte, und danach wieder den Kopf zu heben. Der Schweif seiner Clankameradin lag noch auf seinem Rücken und er war komplett verwirrt von der ganzen Situation. Er konnte nur auf irgendeine Reaktion ihrerseits warten.

Wieso saßen sie eigentlich beide hier? Wieso saßen sie hier, wenn sie doch ins Lager sollten? Er konnte nur jagen, also sollte er das tun. Eigentlich wollte er schon wieder losgehen, da traf sich sein Blick mit Pfadfinders, von welchem er sich nicht mehr lösen konnte. Sollte er jetzt irgendwas sagen? Nein. Nein er brauchte nichts zu sagen. Er war es nicht Wert zu sprechen. Wieso war ich bis jetzt eigentlich nicht stumm? Ich habe es doch überhaupt nicht verdient zu reden. Das der Satz "Ich mag dich" gelogen war, wusste er. Aber dann musste er sich nur noch dem hingeben, weswegen Pfadfinder ihn wahrscheinlich nur angesprochen hat.

Platschohr konnte es zuerst nicht fassen. Pfadfinder wandte einfach ihren Blick ab. Was war mit ihm los? Er war sehr verletzt davon, und war sich nicht sicher was er falsch gemacht hatte. Pfadfinder..? Murmelte er unsicher in sein graues Fell. Sind wir keine Freunde mehr? Langsam zweifelte er daran, ob er wirklich wusste was Freundschaft bedeutet. War es Freundschaft, Leute sitzen zu lassen und sie nicht mehr anzuschauen? Erzählten sich Freunde denn nichts? Machte das nur Pfadfinder, und alle anderen waren gut zu ihren Freunden? Er wusste wirklich nicht was Freundschaft bedeutete. Das war langsam auch kein Zweifeln mehr, sondern schlichtes Wissen. Platschohr wusste nicht was das war. "Freundschaft". Sein Leben lang dachte er, eine grobe Vorstellung davon zu haben. Aber just in diesem Moment wurde ihm klar, dass er nicht die geringste Ahnung davon hatte, was das für ein Wort war. Im nächsten Moment meine Pfadfinder gehen zu müssen. Nein! Schrie es durch seine Gedanken. Was auch immer dieses Wort nun zu bedeuten hat... Was auch immer ein "Freund" war, wenn sich alle so benahmen wie Pfadfinder, dann wollte er kein "Freund" sein. Er wollte jemand sein dem man vertrauen kann! Die Schritte seiner Nicht-Freundin entfernten sich mit jedem Gedanken mehr, was Platschohr die Tränen in die Augen stiegen ließ. Bleib hier! Schrie er ihr hinterher und rannte so schnell er konnte um sich vor sie zu stellen. Sie schaute ihn nur verachtend an... Was hatte er falsch gemacht? Was war mit ihm? Was wollte sie denn noch? Sind wir denn keine Freunde...? Flüsterte er hinterher. Für einen kurzen Augenblick in seinem Leben meinte er, einen Freund gefunden zu haben. Nun verachtete dieser ihn auch. Was sollte man jetzt tun? Er war von der gesamten Welt enttäuscht. Sein ganzes Leben hatte er nur Fehler begangen. Von irgendjemandem akzeptiert zu werden war sein allergrößter Wunsch. Und selbst dieser simple Wunsch, jemanden zu kennen der normal mit ihm reden konnte, selbst der wurde im verwehrt. Platschohr war innerlich komplett zerissen. Schon ein paar Augenblicke später machte er sich wieder selber fertig. Du hast deinen einzigen Freund enttäuscht! Nichts kannst du! So fertig, dass er sich nur noch hinsetzen und weinen konnte. Pfadfinder wollte ihn anscheinend einfach loswerden, nie wiedersehen, vergessen. Wieso? Fragte er sich immer und immer wieder, bis ihm schließlich der richtige Gedanke kam. Sie hatte ihn schamlos benutzt. Jetzt war sie fertig mit ihm. Er war nun wieder wertlos. "Wieder" war aber eher eine falsche Bezeichnung. Er war nie wertvoll gewesen und würde es auch nie sein. Nun saß er da, mit gesenkten Ohren und den Kopf nach unten gewandt. Als Plötzlich aber ein stechender Schmerz durch seine Brust fuhr. Er verkrampfte kurz seinen Oberkörper, danach wurden die Schmerzen wieder geringer. Dann kam es wieder! Eine Art pochender Schmerz, als würde sein Herz in wenigen Sekunden hunderte Male hintereinander schlagen. So kam es immer wieder, seine schlechten Gedanken wurden nach und nach von dem Schmerz verdrängt der sich immer weiter durch seinen Körper ausdehnte. Es fühlte sich gut für ihn an, dass die Gedanken verschwunden waren. Langsam sackte er zusammen, nach und nach ging er mehr in die Knie bis er irgendwann nur noch verkrampft saß. Pfadfinder...? Hauchte Platschohr röchelnd mit seiner letzten Kraft. Nach einem kurzen Schweigen wurde der Schmerz unerträglich, also ließ er sich auf die Seite fallen. Ihm war bewusst, ihm blieb nicht mehr lange zu leben. Nun, er war glücklich. Die Gedanken, ob er denn etwas Wert war, verblassten von der einen auf die nächste Sekunde. Er versuchte sein Gegenüber mit seinen Augen zu fixieren, was nur teilweise klappte. Waren wir Freunde? Wow, du hast dich nicht gerade ernsthaft mit einer Frage verabschieded oder? Dir bleibt genau ein Atemzug und du stellst eine Frage die dir niemand beantworten kann?! Normalerweise würden ihn solche Gedanken herunterziehen, fertig machen, hoffnungslos erscheinen lassen. Dieses mal aber amüsierte ihn dieser Gedanke. Zum allerersten mal amüsierte ihn etwas wirklich, zum allerersten mal in seinem Leben war er glücklich. Und zum allerersten mal, huschte langsam ein kurzes Lächeln über sein Gesicht, kurz bevor seine Augen glasig wurden und sich zu einem endlosen Nichts richteten.