cf: WindClan-Lager

Der Ausflug begann mit wohltuender Stille, die Spinnenlied ein wenig überraschte. Sie hatte die kleine Schülerin nicht als so gefügig eingeschätzt. Rostkralle wollte immer im Mittelpunkt stehen und so glaubte sie, dass seine Tochter ihm da ganz ähnlich wäre. Doch die Sache nahm eine angenehme Wendung... oder auch nicht, denn nur die Hälfte des Weges hielt dieser Zustand an, bis das kleine Mäusehirn das Maul aufmachte und irgendwelche Fragen stellte. Schlangen?
Genervt funkelte die grauweiße Kriegerin Heckenpfote entgegen, die eine Frage nach der anderen auf sie niederprasseln ließ. "Hey, Hey!", unterbrach Spinnenlied ihre Schülerin "Jetzt halt mal die Luft an. Dir kann doch niemand folgen, wenn du so viel plapperst." Ihre Schweifspitze zuckte gereizt hin und her und dennoch versuchte sie wenigstens ein bisschen über ihre Fragen nachzudenken. Natürlich hatte die Kätzin schon Schlangen gesehen. Sie waren nicht selten im WindClan Territorium, auch wenn sie andere Gebiete mehr bevorzugten.
"Sie können gefährlich sein, aber nur für Schwächlinge", brummte sie widerwillig. Es war frustrierend darüber zu sprechen nachdem Sturmstern sie nicht für die Kampfpatrouille auserwählt hatte. Liebend gerne hätte sie ein paar dieser langen Gestalten in der Luft zerfetzt, um ihre Fähigkeiten deutend zu machen, doch das musste warten. "Ihre Bisse sind manchmal giftig, doch die Heiler wissen damit umzugehen. Keine große Sache. Ein Schlag auf den Kopf und sie sind tot..." Genau wie du, wenn du nicht aufhörst mich so dumm anzugucken.
Spinnenlied sparte sich den zweiten Part und stolzierte weiter voran, bis sie den alten Dachsbau erreichten. Eine große Höhle wurde vor ihnen von riesigen Pranken in einen Hang geschält worden. Schal hing noch der uralte Geruch eines Dachses an den Erdklumpen, die sich langsam durch die Gezeiten gelöst hatten und nun drohten einzustürzen. Spinnenlied konnte den nächsten Wall von Fragen schon erahnen, weshalb sie schlicht Heckenpfote mit dem Schweif über die Schnauze wischte, um sie zum Schweigen zu bringen.
"Das ist der alte Dachsbau. Hier üben wir vielleicht mal kämpfen", miaute sie schlicht. Eigentlich hätte sie die braune Schülerin noch über die Gefahren des alten Baus aufklären sollen und zusätzlich noch über Dachse, die hier einst gehaust hatten, doch ihr fehlte die Motivation, große Reden zu schwingen. Stattdessen betrachtete sie kurz die kleine, braune Kätzin und hob anschließend eine Augenbraue.

"Sag Heckenpfote", miaute sie schmunzelnd "Wie würdest du denn eine Schlange bekämpfen. Zeig mal ein paar Tricks..." Der Schweif der Kätzin kringelte sich kurz, doch auf eine andere Weise gab sie ihre Absichten nicht preis. Wenn sie schon diesen unnötigen Ausflug machen musste, wollte sie sich wenigstens ein kleines bisschen amüsieren und wie funktionierte das besser als einem Schüler dabei zuzusehen, wie er hirnlose Manöver machte um sich zu 'beweisen'. Während sie gespannt wartete, kamen ihr Geierschreis Worte wieder in den Kopf und Spinnenlied fühlte fast so etwas wie Scham ihm gegenüber. Er nahm die Ausbildung seines Schülers viel ernster als sie... hatte gesagt, dass man sie erst zu Kriegern schleifen musste, statt die Erwartungen von Anfang an hoch zu stecken. Doch seine Situation war eine ganz andere als Ihre. Man hatte ihr Rostkralles Tochter vor die Pfoten geworfen in Erwartung, sie würde in irgendeiner Form noch Energie in diese Familie stecken. Das konnte man doch nicht vergleichen, oder?

Die Kriegerin setzte sich in eine gemütliche Position, spitzte die Ohren und genoss das Schauspiel, was vor ihr langsam Form annahm. Heckenpfote war Feuer und Flamme für die Aufgabe, was Spinnenlied auch nicht anders erwartet hatte. Umso weniger überrascht war sie, dass die braune Schülerin in ganzer Hinsicht versagte und am Ende der Übung auch noch keuchend am Boden kroch. Obwohl sie gerne lauthals darüber Gelacht hätte, wie dumm sich ihre Schülerin verhielt, verengte sie lediglich die bernsteinfarbenen Augen zu engen Schlitzen und wartete geduldig, bis Heckenpfote sich nach ihrem Hustenanfall wieder fing. "Wie ich es mir gedacht habe", miaute die grauweiße Kätzin streng "Eure Spielereien aus der Kinderstube ziehen hier nicht."
Sie trat etwas näher an die braune Kätzin heran und wies sie an, nochmal die Position vom Anfang der Übung anzunehmen. "Dein Hinterteil ist viel zu weit oben", miaute sie und korrigierte Heckenpfote, indem sie ihr Becken mit einem Druck ihrer Pfote Richtung Boden drückte "Außerdem fehlt dir Spannung. Du darfst nicht wahllos rumwackeln, keine Bewegung sollte unnötig sein. Du musst eine leichte Haltung einnehmen, in der du das Gefühl hast jederzeit und ohne Verzögerung reagieren zu können."
Ohne groß über das nachzudenken, was sie tat, kauerte Spinnenlied sich neben die kleine Kätzin und nahm selber eine Kauerhaltung ein, indem sie die Körper spannte und ihre Beine richtig positionierte. Im nächsten Moment schien sie jedoch unbewusst wieder zu Sinnen zu kommen und erhob sich mit einem Zischen.
"So wirst du jedenfalls niemals eine Schlange erlegen. Vergiss alles, was du in der Kinderstube gelernt hast, das ist alles nur belanglose Spielerei mit der du höchstens ein Hauskätzchen beeindrucken könntest."
Der Grauen entwich ein leises Schnauben. Kurz ließ sie ihre Worte wirken, ehe sie ihre Schülerin erneut beäugte und dann mit gespieltem Desinteresse das Gesicht verzog. "Und jetzt nochmal, so wie ich es dir gezeigt habe... aber stopf dir nicht wieder den Mund mit Holzresten voll."

Die Schweifspitze der Kriegerin zuckte vor Anspannung, als sie ihre Schülerin bei der Übung beobachtete. Ihr entging nicht, dass sie mit ihrem Hang zum Perfektionismus Heckenpfote einen Grund gegeben hatte sich zu freuen. Eigentlich hatte Spinnenlied keine richtige Mentorin sein wollen, sie hatte die Kleine ignorieren wollen, bis... Bis wann? Bis man sie ihr wieder wegnahm? Bis Sturmstern sie nicht mehr als fähig sah, einen Schüler auszubilden? Die grauen Ohren der Kätzin neigten sich ein Stück nach hinten, als ihr diese Erkenntnis wie ein kalter Schauer den Rücken hinunterlief. Ihr Blick auf die kleine braune Kätzin war geblendet von ihrem Hass gegenüber Rostkralle, so dass sie ganz vergessen hatte, dass sie selber aus so einer Situation nicht mit guten Karten herausgehen würde. Plötzlich erinnerte sie sich an Geierschreis Worte und ärgerte sich darüber, wie viel klüger er in solchen Belangen doch war als sie. Er hatte vorgeschlagen, Heckenpfote gegen Rostkralle anzustacheln, doch Spinnenlied würde Zeit brauchen sich den perfekten Plan dafür zurechtzulegen. Das Gute daran war, dass sie nicht einmal wirklich das Vertrauen der Kleinen gewinnen musste - sie lief ihr bereits jetzt hinterher wie ein Hund seinem Zweibeiner. So hatte die graue Kriegerin freien Spielraum, dass ein oder andere bissige Kommentar in ihr Erbsenhirn zu säen in der Hoffnung, dass es Wurzeln schlägt.

Spinnenlied hatte kaum bemerkt, wie ihr ein gemeines Schmunzeln über die Lippen gehuscht war. Schnell schüttelte sie den Kopf und konzentrierte sich wieder auf Heckenpfotes Haltung. "Schon besser", miaute die Kriegerin widerwillig "Aber du bist langsam. Du spannst dich zu sehr an und bist dadurch nicht viel mehr mobil als ein lebendiger Steinklotz." Ihre Stirn runzelte sich leicht, doch sie forderte Heckenpfote nicht auf die Übung zu wiederholen. Stattdessen rief sie die Schülerin mit einer Bewegung ihrer Schweifspitze zu sich und musterte sie anschließend kurz. "Übe deine Haltung weiter", sagte sie "Nächstes mal prüfe ich, wie gut du sie beherrschst. Jetzt gehen wir weiter."
Geschickt erhob sie sich auf die Pfoten und stolzierte dann ohne Verzögerung voran. Sie nahm wenig Rücksicht darauf, wie gut Heckenpfote ihr folgen konnte - ehrlich gesagt war sie ein wenig in Gedanken versunken. Wie sollte sie es schaffen, Rostkralle gegenüber seiner eigenen Tochter in das schlechte Licht zu rücken, dass er verdiente? Ihr Bruder war immer gut mit Worten gewesen. Sein Ansehen im Clan war hoch und auch seine Jungen sahen mit großer Sicherheit zu ihm auf. Dennoch schwirrte Spinnenlied schon eine Idee im Kopf, sie benötigte nur die richtigen Worte.

tbc: Heideland mit Bach