<---- DonnerClan Territorium - Lager

Mit den Gedanken noch immer bei Donnerstern kam sie an den Hochfelsen an; die Sonne war beinahe schon zu Gänze untergegangen und im Osten konnte man bereits die Umrisse des aufsteigenden Monds sehen.
»Guten Tag«, begrüßte sie die bereits Eingetroffenen mit einem gezwungen Lächeln. Eichenblatt war auffällig angespannt, was daran lag, dass sie sich noch immer heftige Sorgen um ihren Anführer machte. Sie würde es sich nicht verzeihen können, wenn ihm etwas in ihrer Abwesenheit geschah.
Die Kätzin ließ einen Blick durch die Runde schweifen und bemerkte, dass die Heiler aus dem FlussClan sowie Ampferblatt und Milanpfote noch fehlten.
»Ich hoffe, die anderen schaffen es noch rechtzeitig«, miaute sie mit einem besorgten Unterton.

Erschöpft war der rote Kater hinter Krähenfrost marschiert und wollte gerade Krähenfrost zum wie vielten mal fragen, wann sie endlich ankommen würden, sah er die Hochfelsen.
Wie vom Blitz getroffen rennt er nach vorne und beschnuppert alles mal.
Erst als ihm der Geruch der anderen Katzen wahrnahm, entdeckte er sie auch.
"Guten Abend!"
Die türkisen Augen und an seiner zitternde Stimme konnte man die Nervosität aushören, aber auch einen Hauch von Freude.

Die Heilerin lächelte, als sie sah, dass alle pünktlich erschienen war. Grüßend nickte sie den neuen Ankömmlingen zu und machte dann eine Geste in Richtung des Mondsteins.
»Wir sollten die Nacht nicht weiter verschwenden und endlich unsere Träume mit dem SternenClan teilen«, sprach Eichenblatt und fühlte, wie ein immenses Selbstbewusstsein sie ergriff, auch wenn es ihr erstes Heilertreffen ohne Echoklang war.
Sie hoffte, dass sie ihrer ehemaligen Mentorin in ihren Träumen begegnen würde,
Ohne lange zu fackeln, lief sie los.

Sie war bezaubernd von dem Anblick des Mondsteins, der in seiner ganzen Pracht strahlte, sodass sie alles ausblendete.
Mit einem verzückten Lächeln auf den Lippen trat sie an ihn heran und legte sich vor ihn nieder. Ihr Herz pochte stark und Sehnsucht wallte in ihr auf, weil sie hoffte, in ihren Träumen Echoklang zu begegnen.
Eichenblatt berührte mit ihrer Schnauze die glatte Oberfläche des Steins und schloss die Augen, während sie noch ein leises, sanftes »Schläft schön...« flüsterte.

Warmer Wind strich durch ihr Fell und das weiche Gras kitzelte sie. Voller Vorfreude öffnete Eichenblatt langsam ihre Lider und blinzelte einige Male, um sich an das grelle Sonnenlicht zu gewöhnen, das ihr jedoch genauso willkommen war wie die Tatsache, dass sie das DonnerClan Lager in aller Frische erblühen sah.
Die SternenClan-Katzen gingen ihrer Beschäftigung nach, nur wenige schenkten der jungen Heilerin Beachtung und nickten ihr grüßend zu.
Ihre Pfoten kribbelten, während sie den herrlichen Geruch nach Blattfrische gierig in sich aufsog und ihren Blick sehnsüchtig durch das Lager schweifen ließ - auf der Suche nach einer bestimmten Katze. Ihre Nase schnappte einen vertrauten Geruch auf und führte sie - wie hätte es auch anders sein können? - in den Heilerbau, wo ihr der geliebte Duft von Kräutern vermischt mit dem Echoklangs entgegenschlug.
Doch statt ihrer ehemaligen Mentorin stand Donnerstern in seiner ganzen Pracht so selbstbewusst vor ihr, dass ihr der Atem stockte und sie wie erstarrt stehenblieb.
Die Worte blieben ihr in der Kehle steckten, als ihr Anführer mit einer solchen Selbstverständlichkeit auf sie zutrat und mit seiner Nase die ihre berührte.
Ein Schauer durchfuhr Eichenblatt und unwillkürlich schnurrte sie, als seine Gestalt plötzlich immer blasser wurde und sich letztendlich in Nichts auflöste.
Erschrocken und mit weit aufgerissenen Augen japste sie auf, als ein Schwall Blut über ihre Pfoten schwappte und eine beunruhigende Dunkelheit sich über die Umgebung legte, mit der auch die Kälte kam.
Ihr Mund formte sich zu einm Schrei, doch kein Laut kam über ihre Lippen. Eichenblatt hörte das Geräusch eines Flügelschlags und von oben herab fielen seidene Spinnenfaden, die auf der Blutlache schwammen.
Eichenblatts Beine sackten unter ihrem Körper weg und als es ihr endlich gelang, den Blick abzuwenden, und stattdessen sich darum bemühte, einen unsichtbaren Punkt in der Finsternis zu fixieren, sah die Heilerin in ein wunderschönes Paar blaue Augen.
Es war das Letzte, was sie sah, bevor sie aus ihrem Traum erwachte.